Seit ich vor vier Jahren ein Buch über das Färben von Stoffen und Wolle mit Pflanzen geschenkt bekommen habe, wollte ich das natürliche Färben unbedingt ausprobieren und hatte sogar schon angefangen, Zwiebelschalen und anderes Färbegut zu sammeln. Dann habe ich mich in das Buch eingelesen und mein Elan war etwas gebremst. Darin war beschrieben, dass man das Färbegut erst einmal beizen muss und dieser Arbeitsschritt klang sehr nach Chemieunterricht und Chemie hatte ich damals nach der 10. Klasse nicht umsonst abgewählt... Irgendwann habe ich mir sogar Alaun (Alaun ist ein gängiges Beizmittel und sorgt dafür, dass sich die Farbe besser im Färbematerial "festbeißt") in der Apotheke besorgt, aber das verschwand auch erst mal im Giftschrank, ich traute mich da nicht so richtig ran.



Letztes Jahr dann wollte ich für das kleine Kind ein rosa-beere-gestreiftes Schlüttli der großen Schwester überfärben, das am Halsbereich viele Flecken von irgendwelchem Essen hatte. Leider konnte ich nirgends etwas zum Pflanzenfärben von Wollkleidung finden, immer nur von unversponnener Wolle oder versponnenem, aber noch nicht verstricktem Garn. Zumindest konnte ich bei meinen Recherchen herausfinden, dass man Wollkleidung durchaus auch bei hohen Temperaturen (60 Grad) im Topf färben kann, ohne dass diese filzt oder kleiner wird. Der Trick dabei ist, die Sachen behutsam ohne schnelle Temperatursprünge zu erhitzen und nur ganz sanft zu bewegen, dann bleiben sie auch in Form. Ich habe das Schlüttli dann mit konventioneller blauer Stofffarbe überfärbt und das Ergebnis ist schön lila geworden, aber ich habe eben eine chemische Farbe verwendet.

In diesem Sommer habe ich mich dann doch endlich getraut, etwas mit Pflanzenfarben zu experimentieren und habe die unverarbeitete Wolle und Stoffe vorher mit Alaun gebeizt. Irgendwie wollte ich aber für Baby- und Kinderkleidung kein Alaun verwenden, weil es die Wolle kratzig machen soll. Also habe ich mich nach alternativen Beizmethoden umgesehen und bin darauf gestoßen, dass in Walnussschalen so viele natürliche Gerbstoffe enthalten sein sollen, dass man auf das vorherige Beizen ganz verzichten kann. Also habe ich mir von Melle drei Räubersachenbodys mit nicht mehr entfernbaren Flecken (ja, der Muttermilchstuhl hinterlässt eben manchmal seine Spuren...) geben lassen und im Park grüne und auch schon braun gewordene Walnussschalen gesammelt. Beim Sammeln der Schalen kann ich übrigens nur empfehlen Handschuhe zu tragen, wenn ihr nicht wie ich tagelang mit Kettenraucherfingern herumlaufen wollt ;-).



Im Folgenden möchte ich euch beschreiben, wie ich beim Färben vorgegangen bin. Ich erhebe dabei aber keinen Anspruch auf Vollständigkeit oder gar Allwissenheit. Beim Färben mit Pflanzen gibt es so viele Faktoren, die Einfluss auf das Ergebnis haben können (Beize, Färbegut, Färbematerial, Wasserhärte, Färbedauer etc. pp.), aber ich kann euch nur ermutigen, eure eigenen Versuche zu starten und zu experimentieren. Vielleicht habt ihr einen fleckigen naturfarbenen Body, mit dem ihr es einfach mal probieren wollt?

An Arbeitsmaterial habe ich verwendet:
  • einen großen Topf (Edelstahl oder Emaille, meiner ist aus Emaille und darin wird nie wieder Suppe gekocht werden)
  • eine große Schüssel aus Emaille oder ein zweiter Topf oder ein Emailleeimer 
  • ein altes Rührholz
  • ein Thermometer, mit dem man in Flüssigkeiten messen kann (ich habe ein Teethermometer)
  • ein feinmaschiges Sieb
  • ein altes Handtuch
  • eine Küchenwaage



Zuerst habe ich zwei Bodys mit grünen Walnussschalen eingefärbt, wofür ich ein Gewichtverhältnis von 1 : 3 (Bodys : frische grüne Walnussschalen) verwendet habe. Die Schalen habe ich über Nacht im Färbetopf mit 3 Litern Leitungswasser stehen lassen. Am nächsten Tag hatte das Wasser schon eine schöne kaffeebraune Farbe, aber ich habe das Ganze trotzdem nochmal eine Stunde köcheln lassen. Danach habe ich den Färbesud abkühlen lassen und die Schalen mit Hilfe des Siebs und meiner Emailleschüssel entfernt.
Als der Sud auf ca. 30 Grad abgekühlt war, habe ich die beiden Bodys in den Topf gegeben und das ganze langsam auf 60 Grad erwärmt. Ab und zu ganz vorsichtig mit dem Rührholz umgerührt, haben die Bodys dann etwa eine Stunde im Färbesud gelegen. Anschließend habe ich die Bodys im Waschbecken ausgespült bis das Wasser klar wurde und dann mehrmals in ein altes Handtuch gerollt, um vorsichtig das Wasser auszudrücken (ohne die Bodys durch derbes Auswringen zu verfilzen). 
Das Ergebnis seht ihr unten. Natürlich werden Nähte aus Polyestergarn nicht überfärbt und im Fall des Lenalieb-Bodys sind auch die aufgedruckten roten Punkte unverändert geblieben, aber beide Bodys haben eine schöne braune Farbe angenommen und von den Kackeflecken (sorry) ist nichts mehr zu sehen.



Weil ich so begeistert von diesem ersten Versuch war, wollte ich den dritten Body noch mit etwas anderem färben. Da ich schon ein paar getrocknete Avocadoschalen gesammelt hatte, lag es auf der Hand, diese auszuprobieren. Bloß ganz ohne Beize wollte ich es nicht versuchen, aber ich hatte hier und da gelesen, dass man Wolle auch mit Sojamilch beizen kann und deshalb habe ich es auf einen Versuch ankommen lassen. Ich habe den Body ca. 12 Stunden in meiner Emailleschüssel in einem Liter Sojamilch eingeweicht und anschließend gut in Wasser ausgespült. Ob und wie sich das Ganze auf das Endergebnis ausgewirkt hat, kann ich auch nicht sagen, aber ich bin mit dem Ergebnis zumindest sehr zufrieden :-)



Für den Färbesud habe ich die getrockneten Schalen von drei Avocados und einen Avocadokern eine Stunde lang ausgekocht, bis das Wasser eine schöne dunkelrot/orangene Farbe hatte. Anschließend bin ich wie beim Färben mit den Walnussschalen vorgegangen und habe den Body eine Stunde lang bei 60 Grad im Färbesud belassen. Nach dem Ausspülen und Trocknen hat er einen wunderschönen altroséfarbenen Ton angenommen und auch hier ist der Fleck im Schritt nicht mehr zu sehen.



Nun stellt sich natürlich die Frage nach der Haltbarkeit der Naturfarben. Ehrlich gesagt, ich weiß es nicht. Aber: Sachen aus Wolle oder Wolle/Seide sollten im besten Fall ja in lauwarmen Wasser per Hand gewaschen werden. Sollte die Farbe also doch etwas ausbluten, wäre das nicht so schlimm, wenn das Kleidungsstück einzeln gewaschen wird. Ich bin total begeistert, dass sogar der zarte Rosaton der Avocadofärbung den Stuhlfleck unsichtbar gemacht hat und finde, dass man es bei fleckiger Kleidung immer auf einen Versuch ankommen lassen sollte!



Und jetzt seid ihr dran! Habt ihr schon Erfahrung im Färben von wollener Kleidung oder beim Pflanzenfärben überhaupt? Welche Beizen habt ihr schon ausprobiert? Kennt ihr hilfreiche Blogartikel zum Thema? 
Und wenn ihr auch gefärbt habt zeigt uns doch gerne eure Ergebnisse per Verlinkung hier in den Kommentaren oder bei Facebook oder Instagram und lasst uns alle an euren Erfahrungen teilhaben!

Auf unserer Räubersachen-Pinterest-Seite findet ihr auch eine Pinnwand, auf der ich angefangen habe, verschiedene Artikel zum Färben mit Pflanzen zu sammeln, vielleicht könnt ihr euch dort noch Inspiration holen:

https://pinterest.de/raeubersachen/natürlich-färben/

Viel Freude beim Experimentieren wünscht euch
Anne
Kommentare (12)
  • Jacqueline
    Ich würde gerne mal mit Granatäpfeln färben, wir haben Mullwindeln die mit Karottenbreiflecken überhäuft sind... habs noch nie ausprobiert
  • Sarah
    Gehen die Bodys bei 60Grad nicht ein?
  • Anne Räubersachen
    Liebe Sarah, die Wolle-Seide-Bodys gehen nicht ein, wenn du sie im Färbesud ganz langsam erhitzt und vorsichtig umrührst. Wollsachen laufen nur ein, wenn sie "gewalkt", also viel bewegt werden. Liebe Grüße, Anne
  • Sabrina
    Ich probiere mal die Variante mit der Avocado. Habe da einen fleckigen Body. Meint ihr, dass ich, wenn der Wolle-Seide-Body erfolgreich gefärbt wurde, auch mal einen Versuch mit einem reinen Seidenbody starten kann?
  • Anne Räubersachen
    Liebe Sabrina, ich habe mal ein (gewebtes)Seidentuch mit Akelei gefärbt. Das hat super geklappt und ist nicht eingegangen, aber ich habe leider auch keine Erfahrung, wie sich gestrickte Seide verhält... Liebe Grüße, Anne
  • Antje Ludwig
    Hallo, Ich würde auch gerne wissen, ob die Bodies nicht bei 60Grad eingehen? Liebe Grüße Antje
  • Anne Räubersachen
    Liebe Antje, die Wolle-Seide-Bodys gehen nicht ein, wenn du sie im Färbesud ganz langsam erhitzt und vorsichtig umrührst. Wollsachen laufen nur ein, wenn sie "gewalkt", also viel bewegt werden. Liebe Grüße, Anne
  • Karla
    Hallo Ihr Lieben! Ich habe super Erfahrung auch mit gelben Zwiebelschalen gemacht. Das wird ein wunderschöner Senfgelbton. Ich habe eine Baumwollhose gefärbt und kann berichten, dass sich die Farbe nach zwei Jahren intensivem Tragen und Waschen nur minimal ausgewaschen hat.
  • Julia
    Ah, das mit den Zwiebeln wollte ich als nächstes probieren! Hast Du die Sachen vorher gebeizt? Liebe Grüße
  • lil
    hallo anne, da deine färbung nun doch etwas her ist... wie ist nun die erfahrung mit der farbechtheit? also sowohl bezüglich haltbarkeit, lichtechtheit und aber auch ausbluten in der wäsche. und hast du noch weitere farbexperimente gemacht? herzliche grüße, lil
  • Karoline
    Ich habe gestern mit Kurkumin einen sehr schönen Gelbton erhalten. Gefärbt habe ich zei Hemdchen. Eins aus Wolle/Seide, eins aus Wolle. Die Seide führt zu einer noch besseren Farbaufnahme. Zu Färben habe ich die Ostereierfarbe von Nawaro benutzt. Mit Essig gebeitzt (ca 3h) Die Farbe aufgekocht, auf 30 Grad abkühlen lassen, mit den Hemdchen zusammen auf 60 Grad erhitzt, leicht bewegt. Die Essigbeitze bisschen ausspülen bevor die Kleider in die Farbe kommen. Das ging alles sehr unkompliziert und gut. Das Karminrot und Chlorophylgrün habe ich noch nicht getestet. Liebe Grüße
  • Bumbumm
    Karoline, das hört sich ja nach ner machbaren Methode an. Blieb die Farbe haften? Viele Grüße

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