Ein Interview mit Marijana Braune.

Liebe Marijana, Du lebst jetzt seit 2016 „Zero Waste“, also ein umweltbewusstes Leben mit so wenig Müll wie möglich.
Was sind deine 3 wertvollsten Tipps, wie man ganz einfach beginnen kann? Was lässt sich schnell und ohne großen Aufwand ändern, damit man Lust bekommt sich auch den schwierigeren Themen zuzuwenden?

Zero Waste zu leben ist wirklich einfach. Allerdings ist es - wie fast alles im Leben - natürlich ein Prozess und es dauert etwas, nach und nach seine Routinen zu ändern.

Die Umstellung hin zu einem nachhaltigeren Leben passiert definitiv nicht über Nacht.

Wir sind alle so darauf gepolt ständig und alltäglich mit Wegwerfprodukten zu hantieren. Taschentücher, Küchenrolle, Windeln, Brötchentüten, Plastikbeutel, die eingeschweißte (Bio!)Gurke.

Wir sehen den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr. Wir sehen die offensichtlichen, die verpackungsfreien Alltagsgegenstände, Nahrungsmittel usw. in ihrer Ursprünglichkeit nicht mehr.


Aber die gute Nachricht ist: Sich den Blick dafür wieder anzutrainieren ist super easy.

Meine Tipps für einen einfachen und schnellen Start:

1. Entwickle ein Zero Waste mindset und den Blick fürs Unverpackte.

Es gibt viele, wirklich sehr viele, gute Gründe ein nachhaltiges Leben führen zu wollen.

Es ist wichtig, dass du dich fragst, warum du überhaupt nachhaltiger leben möchtest. Wegen deiner Gesundheit und der deiner Familie? Weil du die Bilder von plastiküberschwemmten Stränden dieser Welt nicht ertragen kannst? Um deinen Geldbeutel zu schonen? Wegen allem?

Mein stärkstes „warum“ ist die Leichtigkeit, die damit in unser Leben zog, in Verbindung mit dem Umweltschutz, den ich so aktiv leben kann.

Wenn du die Richtung und das wichtigste „warum“ für dich geklärt hast, fällt es dir viel leichter dran zu bleiben und neue Routinen zu entwickeln.

Jetzt wird es aufregend, denn jetzt achtest du ganz automatisch gezielt darauf, was es überhaupt alles wo unverpackt zu kaufen gibt. Plötzlich fängst du an überall (Plastik-)Verpackungen versus unverpackt zu sehen.

Und ich verspreche dir, du wirst überrascht sein, wieviel sich dir offenbart. Ein Eldorado.

Du wirst irgendwo unverpackte Schokolade entdecken, Obst, Gemüse, Brot, Kartoffeln. Hab Spaß dabei die Welt neu zu entdecken!


2. Schritt für Schritt nachhaltigere Alternativen schaffen

Es gibt unzählige, kleine Dinge, die du noch heute, quasi jetzt sofort, umsetzen kannst.

Für mich hat es sich bewährt, als erstes diejenigen Haushaltsgegenstände durch nachhaltige Alternativen zu ersetzen, an denen zwar mein Herz nicht hängt. Aber die mein Leben im ästhetischen Sinn schöner machen.

(…ich bin der Typ Frau, die unbedingt eine weiße Shampooflasche haben musste, weil eben nur weiß gut mit den Fliesen harmoniert. Wenn du jetzt denkst ich sei pingelig oder sagen wir… etwas abgedreht perfektionistisch… liegst du damit wahrscheinlich gar nicht mal so falsch. Oder geht dir das etwa auch so?).

Die Plastikzahnbürste ist abgeschrubbt? Du hast jetzt die Chance für eine wunderschöne Alternative aus Bambus.

Die Shampooflasche ist aufgebraucht? Endlich! Ersetze sie durch ein festes Stück Haarseife. Sieht sowieso viel schöner aus. Wer hat sich diesen Quatsch mit den bunten Plastikflaschen überhaupt ausgedacht?


Dein Küchenschwamm ist hinüber? Ersetze ihn durch waschbare und wiederverwendbare Lappen. Die musst du höchstwahrscheinlich noch nicht einmal neu kaufen. Dein Haushalt ist sicher voll von alten Handtüchern oder Waschlappen, die du zerschneiden kannst. Schenke ihnen einfach eine neue Funktion.

So werden nach und nach all die Wegwerfprodukte, die vielleicht zurzeit noch wie selbstverständlich in deinem Haushalt wohnen, durch nachhaltige Produkte ersetzt: Taschentücher, Servietten, Putzlappen, Windeln…Schritt für Schritt für Schritt.

3. Der Einkauf mit Beutel und Behälter

Du bist gewappnet mit dem richtigen mindset und deinem Profi Blick fürs Unverpackte?

Dann schnapp dir deine hippsten Jutebeutel und vielleicht sogar ein Glas (man weiß ja nie). Und schon bist du bereit für dein neues, besseres, gesünderes Leben und deinen ersten müllfreien Einkauf.


Lass dir dein Brot in einen Beutel geben, reiche das Käseglas über die Theke (Tipp: Übe den „ich-mache-das-hier-schon-seit-Jahren-und-es-ist-das-absolut-normalste-der-Welt-Blick zuerst in kleinen Bio Läden oder auf dem Markt). Trau dich das Obst und Gemüse einfach so in deinen Korb zu legen.

Es kommt ja ohnehin in seiner ganz eigenen Verpackung.

Es macht viel aus, weniger nach spezifischen, vorgeplanten Essen einzukaufen, sondern vielmehr im Denken größerer Kategorien:

„Ich möchte Obst kaufen. Mal sehen, was ich heute unverpackt bekommen kann.“

So bist du nicht enttäuscht, weil es das Wunschgemüse gerade heute an diesem Ort zufälligerweise nicht unverpackt gibt. Du darfst dich einfach jedes Mal überraschen lassen und frei wählen.


Es hilft sehr, flexibel zu sein und einfach etwas aus dem zu zaubern, was es gibt. Nicht aus dem was du dir vorher an spezifischen Menüs zurechtgelegt und geplant hat. Das ist übrigens auch noch viel günstiger.

Wenn es einen unverpackt Laden bei dir in der Nähe gibt, macht das vieles natürlich einfacher. Aber wir haben auch ohne einen solchen Laden in der Umgebung angefangen. Vieles, wie zum Beispiel Haferflocken, Müsli oder Mehl, gibt es in einigen Läden auch in sogenannten Bulk Bins zum Selbstabfüllen.

Bei haltbaren, trockenen Lebensmitteln lohnt es immer, sie in größeren Mengen/Gebinden beispielsweise online zu bestellen. So sparst du nicht nur eine Menge Müll und ständige Einkäufe, sondern vor allem auch noch bares Geld.

Gibt es vielleicht sogar Freunde, Verwandte oder Nachbarn mit denen du dich bei der Bestellung zusammen tun kannst?

Wie sieht ein alltäglicher Einkauf bei euch aus? Was für Behältnisse hast Du dabei und wo gehst Du einkaufen?

Wir gehen einmal die Woche auf den Markt und kaufen frisches Obst und Gemüse.

Wobei das „wir“ eigentlich gelogen ist. Ich gebe zu…ich schlafe meist aus (ich liebe den Samstag). Und Arne fährt mit unserem Lastenrad und dem Mini Mädchen auf den Markt.

Manchmal übernehme ich diesen part (auch diese Samstage liebe ich. Wirklich).

Im Gepäck haben wir ein Arsenal an Stoffbeuteln für Obst und Gemüse und ein bis zwei größere Gläser für Käse oder andere feuchte Lebensmittel. Der Markteinkauf stellt sicher, dass wir das allermeiste der Lebensmittel saisonal und regional einkaufen.


Wir kaufen eine Menge Obst und Gemüse, mit dem wir unsere Gerichte in der kommenden Woche nach Lust und Laune kombinieren. Dafür haben wir immer auf Vorrat länger haltbare Lebensmittel wie Reis, Nudeln oder Kartoffeln da.

Diese trockenen Nahrungsmittel kaufen wir alle paar Wochen in größeren Mengen im Hamburger Unverpackt Laden Stückgut ein.

Unser Leben ist durch diese Einkauf Routine so viel entspannter und schöner geworden.

Kein impulsives loslaufen kurz vor Ladenschluss mehr, was wahnsinnig viel Zeit und Nerven kostet. Keine ekligen Plastikverpackungen mehr, die auch Zeit und Nerven kosten. Einfach direkt in die wunderschönen Gläser füllen und die schlichte Schönheit bewundern.


Was sind die Kompromisse, die ihr eingeht und wo scheiterst Du gelegentlich?

Mal abgesehen von dem einsamen Pizzakarton, den ich neulich im Altpapier entdeckte und ganz klar nicht meinem persönlichen Konsum zuordnen konnte? #wiekannernur #dietatsachedassespappeistrettetihn

Tatsächlich gehen wir beim Bau unseres Hauses viele Kompromisse ein. Wir haben ein altes, kleines Backsteinhäuschen von Grund auf saniert und das ging nicht mal annähernd müllfrei – leider.

Zero Waste ist natürlich eine Utopie in unserer Gesellschaft. Du machst Müll, ich mache Müll, wir alle machen irgendwie Müll. Aber man kann diesen ohne großen Aufwand drastisch (!) verringern.


Was machst du mit Kosmetik: Zahnpasta, Deo, Duschbad, Waschmittel, Spülmittel. Hast Du Tipps dafür?

Wir benutzen Zahnputztabletten. Die ersten trockenen Tabletten zu kauen war gewöhnungsbedürftig. Jetzt kenne ich nichts anderes mehr.

Manchmal mache ich unsere Zahnpasta auch selbst. Dafür mixe ich innerhalb von drei Minuten eine Paste aus Kokosöl, Natron und Pfefferminzöl.

Deo…räusper… tja also…benutze ich keines mehr. Phui, jetzt ist es raus.

Mein Deo war irgendwann leer war und ich kam nicht rechtzeitig dazu kam mir einen Zero Waste Alternative zu besorgen. Also blieb ich einige Tage deofrei und bemerkte…irgendwie so gar keinen Unterschied. Auch aus meinem Umfeld kamen bisher keine Beschwerden. Ich entnehme dem einfach mal todesmutig und selbstbewusst, dass es funktioniert.

Duschbad: Den Mehrwert eines Duschbades habe ich nie verstanden. Seife und Wasser reichen vollkommen um mich zu säubern. Die Ärztin einer Freundin sagte neulich: “Da muss man die Kirche auch mal im Dorf lassen. Wir arbeiten ja nicht im Bergwerk!“ Unterschreibe ich zu 110%.

Wasch- und Spülmittel: Wir benutzen das eco egg und füllen uns Bio-Waschpulver im unverpackt Laden in unsere Behältnisse ab. Spülmittel ebenso.

Natürlich kannst du viele dieser Beautyprodukte und Hausmittel auch super easy selber machen und noch mehr sparen.

Mein persönliches Motto als vielbeschäftigte Mama lautet hier aber meist „simplify your life“. Ein roter Faden, der sich seit meiner Zero Waste Reise auf verschiedensten Ebenen durch mein Leben zieht




 

Marijana Braune ist Psychologin und hat sich einem nachhaltigem Zero Waste Leben verschrieben. Sie lebt mit ihrem Freund und der kleinen Tochter ein umweltbewusstes und nahezu müllfreies Leben. Als Bloggerin und Coach zeigt sie anderen Menschen, wie sie Nachhaltigkeit ganz leicht in ihr Leben integrieren können. Ihr Mantra "Zeit statt Zeug", hilft dabei, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren, entstresst und vereinfacht den Alltag ungemein.

Bis zum 20.12.2018 läuft die Anmeldung für Marijanas Life Zero Waste Online Programm
DON'T WASTE, BE HAPPY - verschwende weniger & lebe mehr

Hier geht es zur Anmeldeseite mit allen Details:
Kommentare (2)
  • Franziska feifel
    Danke für das Interview. Ich bräuchte jetzt noch ein paar Tipps für „Fortgeschrittene müllvermeider“ Wir sind eine 6 köpfige Familie und versuchen auch so wenig Müll zu produzieren wie möglich. Trotzdem fällt noch was an. Etwa 2 müllsäcke( 30 l) im Jahr und jeden Monat fast ein ganzer gelber Sack. Da gelingt es mir nicht besser. Wir bekommen eine biokiste geliefert. Da ist fast alles unverpackt.aber paar Wenigkeit sind in Papier oder Plastik. Auf den Wochenmarkt gehe ich auch, da ist es ganz unverpackt. Festes schampoo und Seife, bambuszahnbürste aber Zahnpasta mit fluorid( mein Mann ist zahnarzt????)kein deo, Waschmittel lasse ich nachfüllen, wir hatten stoffwindel, stofftaschentücher, Waschlappen... Toilettenpapier ist in Plastik.den Beutel benutze ich als Müllbeutel. Ich würde gerne noch mehr auf Plastik verzichten, aber vielleicht würde das meine „ Kräfte“ sprengen. Lg Franziska
  • Marijana Braune
    Liebe Franziska, danke dir sehr für deine Zeilen. Ihr seid doch super unterwegs. Jeder Schritt und das Bewusstsein für das Große Ganze zählen. :-) Es hilft in jedem Fall, trockene Nahrungsmittel, die gut bevorratet werden können, in großen Mengen zu kaufen. Vielleicht könnt ihr euch auch mit Nachbarn oder Freunden zusammentun und Großgebinde kaufen, die ihr euch aufteilt? Wenn du ohnehin auf den Markt gehst, braucht es die Biokiste dann noch? Die muss ja auch geliefert werden und beinhaltet Verpackungen... Wir haben aufgehört Müllbeutel zu verwenden. Braucht's ja auch nicht mehr, wenn kaum noch Müll anfällt...:P Vielleicht könnt ihr den Müll einfach so in die Tonne kippen? Anstelle von Klopapier könnt ihr eine Popobrause nutzen. Ist besser für die Gesundheit und die Umwelt. Es gibt sie manuell in klein und sie kann auch fest installiert werden. Alles nach und nach. Es soll ja Spaß machen und meist braucht es ja nur ein einmaligen Umdenken. Danach läuft alles ganz von allein :-) Viel Spaß und alles Liebe, deine Marijana

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